Parkgebühren erhöhen – warum das gut für Dresden ist

Diskussionsbeitrag von Susanne Krause

Seit 2006 hat die Stadt Dresden die Gebühren für das Parken auf städtischen Flächen nicht erhöht. Ganz im Gegensatz zu den Kosten des ÖPNV ist der Preis für ein Parkticket in Dresden inflationsbereinigt in diesen 15 Jahren sogar gefallen. Damit Parksuchverkehr verringert und ein Anreiz geschaffen wird, das Auto öfter stehen zu lassen, ist eine Neujustierung der Parkgebühren dringend erforderlich.

Ein Diskussionsbeitrag von Susanne Krause, mobilitätspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Dresdner Stadtrat

1. Die Zeit ist reif

Jenseits einzelner schriller Stimmen hat die große Mehrheit der Dresdnerinnen und Dresdner, selbst derer die regelmäßig mit dem Auto fahren, Verständnis dafür, dass nach 15 Jahren der Zeitpunkt gekommen ist, an dem die Parkgebühren erhöht werden. Berücksichtigt man zusätzlich die Inflation, sind Parktickets im Gegensatz zu den Fahrscheinen des ÖPNV sogar billiger geworden.

Beim Vergleich mit den Parkpreisen anderer Großstädte wird gern darauf verwiesen, dass anderswo nicht nur die Parkgebühren, sondern auch das Einkommensniveau deutlich höher sei. Für Leipzig kann man das wohl nicht behaupten. Dennoch hat der Leipziger Stadtrat im November 2020 den Preis eines Parktickets in der Innenstadt mit den Stimmen von LINKEN, BÜNDNISGRÜNEN und SPD auf 3,00 € pro Stunde angehoben.

2. Höhere Parkgebühren sind nicht unsozial, im Gegenteil

Die Mehreinnahmen durch höhere Parkgebühren fließen in die Stärkung des Umweltverbunds. Damit sind zusammengefasst der ÖPNV, also Bahn und Bus, das Radfahren und das zu-Fuß-Gehen, gemeint. Es gibt viele Wege, diesen Umweltverbund zu stärken, ein wichtiges Beispiel in Dresden ist das Sozialticket, das 2015 von der rot-grün-roten Stadtratsmehrheit eingeführt wurde. Es ermöglicht Menschen mit geringem Einkommen, eine um 50 %, derzeit auf 26,85 €, verbilligte Abo-Monatskarte zu erwerben(1). Der Differenzbetrag zum normalen Abo-Monatsticket wird aus dem städtischen Haushalt finanziert – wo die Einnahmen aus Parkgebühren hingehen. Die Einführung des Sozialtickets hat die Mobilität armer Menschen in Dresden massiv verbessert.

Um in Zukunft zusätzlich zum Sozialticket gezielt auch Familien mit schulpflichtigen Kindern bei einer Entscheidung für umweltfreundliche und selbständige Mobilität zu unterstützen, wollen wir ein Bildungsticket einführen. Auch dafür ist ein Verlustausgleich an die Dresdner Verkehrsbetriebe zu zahlen.

Unter den für Kauf, Nutzung, Wartung und Betrieb anfallenden Kosten eines Autos spielen Parkgebühren eine untergeordnete Rolle. Wer sich ein Auto leisten kann, kann über die Parkgebühren auch einen solidarischen Beitrag zu mehr Kostengerechtigkeit im Verkehr leisten. Denn von den bekannten negativen Auswirkungen des Autoverkehrs, sind ärmere Menschen überdurchschnittlich stark betroffen.

Oder wie es die Rosa-Luxemburg-Stiftung(2) ausdrückt:

Wohlhabende, Männer und Erwerbstätige fahren überdurchschnittlich viel Auto, während Ärmere, Frauen, Junge und Alte stärker den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Gleichzeitig sind vor allem ärmere Menschen aus abgehängten Quartieren von den zahlreichen negativen sozial-ökologischen Folgen des Autoverkehrs betroffen.

Dieser Befund wird durch Forschungsdaten der TU Dresden(3) gestützt. Wer gegen höhere Parkgebühren eintritt, der verhindert die Umverteilung von Ressourcen hin zum Umweltverbund und zementiert das „Recht der Stärkeren“ auf der Straße.

Die Landeshauptstadt Dresden führt regelmäßig die kommunale Bürgerumfrage (KBU, zuletzt vorgestellt am 25.01.2021) durch. Auch dort kann man eine soziale Schieflage in Bezug auf Mobilität feststellen. Interessant ist dabei besonders die Verteilung der Verkehrsmittelwahl nach Einkommen. Die KBU unterteilt drei Gruppen: geringes, durchschnittliches und hohes Einkommen. Auf die Frage, wie oft ein privates Kfz genutzt wird, antworten 36 % der Befragten mit hohem Einkommen „täglich oder fast täglich“. Mit „nie“ antworten hingegen 52 % der Befragten mit geringem Einkommen.

Wer die Parkgebühren in Dresden nicht oder nur geringfügig erhöhen möchte, schont also vor allem diejenigen, denen ein überdurchschnittliches Einkommen zur Verfügung steht. Für über die Hälfte der Dresdner Haushalte mit geringem Einkommen ist das Thema überhaupt nicht relevant. In dieser Gruppe gibt es aber die meisten regelmäßigen Fahrgäste des ÖPNV. Übrigens nutzt nur ein sehr kleiner Anteil der Befragten nie den ÖPNV – über alle Einkommensgruppen hinweg. Investitionen in den ÖPNV nutzen allen Dresdnerinnen und Dresdnern.

Arbeitnehmer*innen mit kleinem Einkommen, die in der Innenstadt arbeiten und mit dem Auto zur Arbeit fahren wollen, sind eine sehr, sehr kleine Fallgruppe. Dennoch gibt es auch für sie Lösungen! Genauso, wie Arbeitgeber*innen ihren Angestellten ein Jobticket finanzieren können, ist es möglich, in einem der privat betriebenen Parkhäuser günstige Verträge für Dauerparkkarten abzuschließen und dies als Betriebsausgabe geltend zu machen. Auch ein Jobrad, zur Überwindung größerer Entfernungen vielleicht sogar mit Elektroantrieb, ist denkbar.

Wer Fachkräfte sucht, ist gut beraten sich auch darüber Gedanken machen, wie sie zur Arbeit kommen. Wenn Unternehmer*innen so geringe Löhne zahlen, dass der Arbeitsweg in die Innenstadt nicht finanzierbar ist, ist das übrigens nicht in erster Linie ein verkehrspolitisches Problem.

Zudem hat der Bundestag die Erhöhung der Pendlerpauschale zum 01.01.2021 auf 30 ct pro Kilometer beschlossen. Ab dem 21. Kilometer erhält man sogar 35 ct. Eine weitere Erhöhung ab 2024 sieht 38 ct pro Kilometer vor.

3. Die Innenstadt ist auch in Zukunft für alle erreichbar

Auch ohne Auto kann man hervorragend in die Innenstadt fahren, nämlich mit Bus und Bahn (Wasserkisten und große Möbel kauft man dort eher nicht). Über die von vielen Linien angefahrenen Haltestellen Postplatz, Prager Straße, Pirnaischer Platz ist Parkzone 1 exzellent an den ÖPNV angeschlossen. Zone 2 spannt sich zwischen Bahnhof Neustadt, Bahnhof Mitte, Hauptbahnhof, Lennéplatz, Straßburger Platz und Sachsenplatz auf.

Selbst wer Parkzone 1 meiden möchte, ist mit dem Auto noch schnell in der Innenstadt. Sie wird im Vergleich zur bisher gültigen Regelung nämlich erheblich verkleinert. Von der Herta-Lindner-Straße (Nähe Postplatz) bis zum Pirnaischen Platz sind es keine anderthalb Kilometer, vom Terrassenufer zum Dr.-Külz-Ring etwa ein Kilometer. Die Parkzone 1 ist sehr klein und selbst zu Fuß in einer Viertelstunde durchschritten. Deshalb ist auch der ursprüngliche Vorschlag der Stadtverwaltung richtig, dort keine Tagestickets anzubieten. Innerhalb dieser sehr kleinen Zone sollten nur diejenigen parken, die unmittelbar etwas zu erledigen haben und dann den Platz bald wieder frei machen – für die nächste Kundin oder den nächsten Kunden. Nur davon profitiert auch der Einzelhandel. Über lange Zeit blockierte Stellplätze locken keine Kundschaft. Studien zeigen, dass es eher lohnt, auf Fahrradparkplätze zu setzen(5), will man den Einzelhandel stärken. Das gilt in der Innenstadt, aber auch in den Stadtteilzentren. Besonders gut geht es Geschäften in autoarmen Quartieren.

Wer im Zentrum oder anderswo in die Kneipe will, sollte vernünftigerweise die Bahn oder ein Taxi nehmen. Dresden hat dank der DVB ein überragend gutes Nacht-Liniennetz(6), am Wochenende in der Regel sogar noch im 30-Minuten-Takt.

4. Mehr Geld einnehmen aber Autoverkehr reduzieren:  Ein Paradox?

Gelegentlich wird der Vorwurf laut, man könne nicht gleichzeitig mehr Geld einnehmen und den Autoverkehr reduzieren wollen. Beides kann nur eine Entwicklung sein. Da wo der Parkdruck besonders hoch ist, werden auch zukünftig Stellplätze in Anspruch genommen werden. Jedoch werden Autofahrer*innen vielleicht zunächst die Anzahl der Autofahrten in die Innenstadt reduzieren und probeweise dem Fahrrad oder dem ÖPNV eine Chance geben.

Dass mit Parkgebühren auch nicht unerhebliche Beträge in die Stadtkasse fließen, ist ein Nebeneffekt des eigentlichen Ziels, den Parksuchverkehr zu reduzieren und eine Verlagerung von Wegen auf Verkehrsmittel des Umweltverbunds zu erreichen.

Die Verstetigung der Einnahmen auch bei perspektivisch rückläufigen Einnahmen im Stadtzentrum wird durch eine kontinuierliche Ausweitung von Parkbereichen in Parkzone 3, also dem übrigen Stadtgebiet, ermöglicht. Viele Anwohnerinnen und Anwohner von Stadtteilzentren warten auf die Ausweisung entsprechender Gebiete, um weniger Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz zu verbringen. In Kombination mit Car-Sharing-Angeboten ist auch in den Stadtteilen noch viel Potential für eine bessere Ausnutzung des öffentlichen Raums.

5. Verantwortungsvolle Haushaltspolitik

Ende 2020 hat der Dresdner Stadtrat mit einer Mehrheit aus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, DIE LINKE, SPD und FDP, also einem sehr breiten Bündnis, den Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 beschlossen. Bezüglich der Parkgebühren war im Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung vorgesehen, jährlich 20 Mio. € durch die sogenannte Parkraumbewirtschaftung einzunehmen. Im Zuge der Haushaltsverhandlungen wurde auf Drängen von CDU, DIE LINKE und FDP diese Einnahmeerwartung auf 13 Mio. € für 2021 und 15 Mio. € für 2022 abgesenkt. In der mittelfristigen Finanzplanung wurden 18 Mio. € ab 2023 festgesetzt. Um diese Einnahmeerwartungen zu erfüllen, müssen die Parkgebühren angepasst werden. Je länger man zögert, desto höher muss die erste Erhöhungsstufe ausfallen, um im Jahr 2021 noch die geplanten 13 Mio. € zu erreichen.

Diese Zahlen sind eingebettet in ein großes Ganzes. Um alle Wünsche der beteiligten Fraktionen – wie beispielsweise eine geringer ausfallende Parkgebührenerhöhung – erfüllen zu können, hat der Stadtrat ein Minus von 43 Mio. € unter der Bedingung beschlossen, dass die Stadtverwaltung zügig einen Vorschlag erarbeitet, wo diese 43 Mio. € in den bereits geplanten Projekten gespart werden können. Viele dieser Projekte werden wiederum im Verkehrs- und Baubereich liegen, da dort die großen Investitionsmittel gebraucht werden.

Es ist unredlich und kann zu empfindlichen Auflagen für den städtischen Haushalt durch die Kommunalaufsicht führen, wenn bereits eingeplante Einnahmen aus Parkgebühren aufgrund kurzsichtiger politischer Manöver ausbleiben.

6. Positive Effekte

Die geplante Anpassung der Parkgebührensatzung und die damit verbundene Erwartung, den Autoverkehr in der Innenstadt zu reduzieren, ist keine „grüne Ideologie“. Sie ist erklärtes Ziel der im Stadtrat beschlossenen wesentlichen stadtplanerischen und Verkehrsentwicklungskonzepte der Landeshauptstadt Dresden. Auch diverse Konzepte und Programme auf Landes-, Bundes- und Europaebene streben eine Reduktion von Autoverkehr an. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, denn der sogenannte motorisierte Individualverkehr, sprich das Autofahren, braucht viel Platz in der Stadt, verursacht krankmachenden Lärm und vergiftete Luft und trägt maßgeblich zum Ausstoß klimaschädlicher Gase bei.

Weniger Autoverkehr bedeutet aber nicht weniger Mobilität! Wenn ÖPNV gefördert werden kann, Platz für sichere Radwege und übersichtliche Fußwege frei wird, dann können wir Mobilität ermöglichen, unabhängig von der Art des gewählten Verkehrsmittels. Das wollen die Dresdnerinnen und Dresdner, auch das zeigt die aktuelle kommunale Bürgerumfrage(7). Als zweitwichtigste Herausforderung der Stadt nach zu hohen Mietpreisen nennen die Dresdnerinnen und Dresdner den mangelhaften Zustand des Fahrradwegesystems. Dessen Ausbau und Verbesserung scheitert nicht selten auch daran, dass insbesondere in der Innenstadt die niedrigen Parkgebühren einen Anreiz liefern, das Auto am Straßenrand abzustellen, statt in einem der zahlreichen schwach ausgelasteten Parkhäuser privater Anbieter(8).

Die Parkplatzsituation kommt auf Platz 6 der drängendsten Probleme und erstaunlicherweise kommt bei dieser repräsentativen Umfrage das Problem „zuviele Autos“ immerhin noch auf Platz 9 von über 40 Auswahlmöglichkeiten.


Fußnoten:

(1) https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/archiv/2018/12/pm_004.php
(2) https://www.rosalux.de/publikation/id/42609/die-berliner-verkehrswende
(3) https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/srv/ressourcen/dateien/SrV2018_Tabellenbericht_Oberzentren_500TEW-_flach.pdf?lang=de
(4) https://www.dresden.de/media/pdf/onlineshop/statistikstelle/KBU_2020_Tabellenteil.pdf (S. 226)
(5) https://adfc-sachsen.de/index.php/788-radfahrer-sind-die-besseren-kunden
(6) https://www.dvb.de/de-de/fahrplan/nachtverkehr/
(7) https://www.dresden.de/media/pdf/onlineshop/statistikstelle/KBU_2020-Hauptaussagen.pdf (S.41)
(8) https://www.adfc-dresden.de/index.php/neuigkeiten/pressemitteilungen/2470-dresdens-innenstadt-parkhaeuser-so-gut-wie-nie-ausgelastet