Rede zur Initiative für ein Jüdisches Museum

Sehr geehrter Herr 1. Bürgermeister,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Bürger*innen,

Wir feiern dieses Jahr 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland. Die jüdische Kultur und Religion prägen dieses Land, es waren jüdische Menschen, die zu allen Zeiten in den kommunalen und überregionalen Entwicklungen Verantwortung übernommen haben. Sie haben gefördert, erfunden und erforscht, komponiert, musiziert, geschrieben und gelehrt. Jüdische Menschen sind und waren auch Teil unserer Dresdner Stadtgesellschaft. Aus diesem Kreis sind sie an uns als Stadtrat herangetreten und haben um Unterstützung gebeten, bei der Initiative ein Jüdisches Museum zu gründen.

Es hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, in der FDP, CDU, SPD und Linke mit uns GRÜNEN vertreten waren und konstruktiv im Austausch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde zusammengearbeitet haben. Wir sind uns einig, dass Dresden ein guter Standort für ein Jüdisches Museum ist und dass dieses Haus die Jüdische Geschichte, Kultur und Gesellschaft in Mitteldeutschland zum Thema machen sollte. Jüdische Museen gibt es in vielen Städten, weltweit. In Deutschland haben wir das Jüdische Museum in Berlin, das Jüdische Museum in Frankfurt und zahlreiche weitere Ausstellungsorte. Allein in Ostdeutschland gibt es eine bemerkenswerte Ausstellungsinitiatiive in Halberstadt und sonst nichts. Ich bin der festen Überzeugung, dass darum ein Museum in Sachsen, hier in der Landeshauptstadt Dresden eine wichtige Ergänzung wäre. Ein Museum ist in erster Linie ein Ort der sammelt und ausstellt, in Dresden sind dafür verschiedene Optionen denkbar und gut begründbar: Der alte Leipziger Bahnhof, der an Industrialisierung und Pioniergeist erinnert und Ausgangspunkt von Deportationen jüdischer Menschen im Nationalsozialismus war ebenso wie ein wiedererrichtetes Palais Oppenhaim, das auch sinnbildlich dafür steht, dass es auch jüdische Familien und Intellektuelle waren, die die Kulisse, auf die wir in Dresden so stolz sind, initiierten und ermöglichten.

Es gibt den Einwand, es sei zu exklusiv – ein Haus nur über Jüdinnen und Juden. Vielmehr solle das Stadtmuseum stärker betonen, dass die Jüdische Gemeinde und ihre Angehörigen integraler Bestandteil der Dresdner Stadtgesellschaft sind. Ich glaube, man kann das eine vorantreiben, ohne das andere zu lassen. Auch ich begrüße es, im Stadtmuseum über die jüdische Geschichte und das jüdische Leben in Dresden zu lernen. Aber moderne Museen sind mehr als nur Sammlungs- und Ausstellungsort. Sie sind Foren und Treffpunkte. Sie sind Orte, wo virtuell im Netz und von Angesicht zu Angesicht debattiert, gestritten und gedacht wird, wie wir uns diese Gesellschaft vorstellen, was sie prägt, was sie auszeichnet und wo Veränderung angestoßen werden muss. Wir haben in Dresden Museen, die das in ihren Themenfeldern leisten. Im Sinne des Geschichtsbewusstseins und im Angesicht des beängstigend erstarkenden Antisemitismus bin ich der festen Überzeugung, ein Jüdisches Museum kann hier wertvolle Beiträge leisten, wie es all die jüdischen Museen in Europa auch tun.

Gedacht wird hier ein Haus, das nicht von der Stadt Dresden betrieben aber maßgeblich von ihr unterstützt wird. Um diese Unterstützung bitten wir Sie heute und bitten den Oberbürgermeister, sich für dieses Anliegen mit uns einzusetzen und die Initiative voranzutreiben.