Sehr geehrter Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat,
wir sind mitten in der fünften Corona-Welle in Dresden. Mit diesem interfraktionellen Antrag wollen wir zurück und nach vorn blicken. Die
Frage ist: Was hat sich durch Corona verändert und welche neuen Bedarfe ergeben sich daraus für unsere Sozial- und Jugendhilfeplanung, im Bereich Gesundheitsprävention und im Jobcenter. Welche städtischen Angebote braucht es, damit Dresden sozial aus der Krise kommt?
Wir haben den Antrag bereits im März letzten Jahres eingereicht. Er wurde umfassend beraten und im November gab es eine öffentliche Anhörung dazu. Ich habe daraus folgende erste Schlüsse gezogen:
Die Straßensozialarbeiter*innen waren in den Monaten der Kontaktbeschränkungen und aufgrund des Notbetriebs oder der Schließung
von sozialen Einrichtungen für Hilfesuchende die erste und oft wichtigste Anlaufstelle. Die Investitionen der letzten Jahren in die mobile
Jugendarbeit und Straßensozialarbeit für Erwachsene haben sich gelohnt und hier sollte auch in Zukunft nicht gespart werden.
Bei Wohnungslosen wurden die Kapazitäten der Notunterbringung erweitert, dennoch stellt die Verdrängung aus dem (halb-)/öffentlichen Raum Dresden vor neue Herausforderungen. Ich denke, wir sollten vor diesem Hintergrund den Bedarf an Tagestreffs noch einmal diskutieren.
Positive Effekte der Corona-Pandemie sollten erhalten werden. Das betrifft vereinfachte Antragsverfahren für Leistungen beim Jobcenter und dem Sozialamt ebenso wie die flexible Umgestaltung von Angeboten. In der Jugendarbeit fanden beispielsweise mehr 1:1 Beratungsgespräche bei einem Spaziergang statt und neue Zielgruppen wurden durch neue digitale Angebote erreicht.
Corona hat viele Menschen – jung wie alt – einsam gemacht. Es braucht jetzt akute Hilfsangebote und Notfall-Sprechstunden bei den
sozialpsychiatrischen Diensten der Stadt, in der Suchtberatung, aber auch 1 von 2 für überforderte Familien. Mittel- und langfristig muss geprüft werden, wie die Stadt dem höheren Beratungsbedarf in den sozialen Diensten gerecht werden kann.
Wenn der Antrag heute eine Mehrheit findet, dann erhält das Sozialamt und das Jugendamt die Aufgabe die aktuellen Planungen zu prüfen. Die Verwaltung wird aufgefordert, uns als Stadtrat auf notwendige Veränderungen hinzuweisen. Diese können wir wiederum in den
Haushaltberatungen und Planungsprozessen aufgreifen. Es geht heute also nicht darum, mehr Geld auszugeben, sondern es geht darum, genau hinzuschauen und aus der Corona-Krise zu lernen.
Und hier möchte ich nochmal etwas konkreter werden und sagen, wo ich ganz genau hinschauen möchte:
- Wie gut hat der Krisenmodus bis jetzt funktioniert? Was haben die freien Träger seit Corona gelernt, wie hat Verwaltung darauf reagiert? Und: Sollten wir aus den Erfahrungen Notfall-Konzepte für die Zukunft entwickeln?
- Inwieweit wurden die Angebote bereits jetzt angepasst? Hier fehlt uns noch ein Überblick aus der vielfältigen Trägerlandschaft.
- Wie reagieren wir auf komplexe Probleme, die bereits vor Corona da waren, sich durch die Pandemiebekämpfung jedoch verstärkt haben? Zum Beispiel Einsamkeit und psychische Belastungen.
- Wie haben sich die Stadtteile, wie hat sich der Sozialraum durch Corona verändert und wie verbessern wir die Zusammenarbeit sozialen Unterstützungsangebote? Wie können Jugendclub, Familienzentrum und Seniorentreff in den Sozialraum wirken?
- Welche Chancen ergeben sich aus der Digitalisierung für die soziale Arbeit und wie nutzen wir die in Dresden?
Ich danke allen, die sich in den letzten Monaten bis heute daran beteiligt haben, über diese Fragen mit nachzudenken. In den Beratungen in den Ausschüssen. Mein Dank gilt auch der Seniorenbeauftragten Frau Scharf, die ein Positionspapier der Beauftragten dazu vorgestellt hat. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag, damit wir gemeinsam aus der Krise lernen.