Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Pumpspeicherwerke sind eine gute Sache. Wir Bündnisgrüne finden PSW prima. Sie können einen wertvollen Beitrag im Rahmen der Energiewende zur Stabilisierung der Stromversorgung bei schwankendem Angebot aus EE leisten. Wasser wird zu Zeiten eines hohen Angebots von Strom aus EE in ein Speicherbecken hochgepumpt und die damit gespeicherte Energie kann in akuten Mangelzeiten kurzfristig den Bedarf ausgleichen.
PSW werden deshalb auch heute wieder neu gebaut. Gerade Vattenfall hat dabei viel Erfahrung, v.a. in Schweden und Finnland, aber auch in Deutschland. Vattenfall hat in Goldisthal in Thüringen Anfang der 2000er Jahre das größte PSW Deutschlands mit einer Leistung von über 1.000 MW gebaut und prüft gegenwärtig den Bau eines weiteren großen PSW in Ostthüringen. Auch in den Alpen werden neue große PSW gebaut.
Vattenfall kann also PSW. Und wenn Vattenfall jetzt sagt, dass PSW Niederwartha lässt sich wirtschaftlich nicht mehr weiterbetreiben, dann muss da wohl was dran sein. Woran liegt das?
Da geht es zunächst einmal um Physik:
- Niederwartha hat nur ein geringes Gefälle von 140 m, zum Vergleich Goldisthal 300 m, Walchensee-KW 400 m
- Länge der Speiseleitung 1,8 km à viel kinetische Energie geht durch innere und äußere Reibung verloren
- Speicherbecken hat keine ausreichenden natürlichen Zuflüsse à Wasser versickert und verdunstet ohne Ausgleich
–> Leistung Niederwartha bis 2002: 120 MW, nach Hochwasser-schäden nur noch 40 MW, zuletzt gar nicht mehr betrieben
Besser als gar nichts à klar doch! Aber zu welchen Kosten?
Und da muss man leider sagen: Das PSW Niederwartha ist eine marode Anlage:
- Wasser versickert im Oberbecken
- Die Rohrleitungen müssten ausgetauscht werden
- 4 von 6 Turbinen sind nicht mehr einsatzfähig
- HW 2002 hat die gesamte Anlage schwer beschädigt, HW-Schutz nicht ausreichend
- Kein Anschluss an das Höchstspannungsnetz
Die Sanierungskosten wurden zuletzt auf 245 Mio. Euro geschätzt. Da sind sich die SachsenEnergie und eine Gruppe engagierter Professoren der TU und Ingenieure einig, zusätzlich mehr als 80 Mio. Euro für die elektrische Infrastruktur.
Da ist neu bauen billiger! Oder die Investition in Batterie- und Hitzespeicher, die mit dem Fortschritt der Technik immer günstiger werden.
245 Mio. Euro à damit kann die WiD mehr als 1.000 neue Wohnungen bauen. Man sollte sich auch nicht der Illusion hingeben, dass es ja viel Fördergeld geben wird. Die Geldgeber werden sehr genau darauf achten, ob die Investition im Vergleich zu anderen Vorhaben auch ökonomisch sinnvoll ist, und da sieht es nicht gut aus für Niederwartha.
Dennoch muss die Anlage Niederwartha erhalten bleiben und wir Grüne setzen uns energisch dafür ein. Mein Kollege Thomas Löser und ich haben eine entsprechende umfangreiche Anfrage an den Oberbürgermeister gerichtet. Erhalten bleiben muss das Stauseebad im unteren Becken. Dazu sind auch kurzfristig entsprechende Verträge mit Vattenfall zu schließen. Erhalten werden muss auch das Turbinenhaus, ggf. als technisches Denkmal. Hier sind auch neue Nutzungen im Bereich der Eventkultur gut denkbar. Das alles ist zu vergleichsweise geringen Kosten möglich. Eine weitere energetische Nutzung muss hingegen ergebnisoffen genau geprüft werden und wir begrüßen es, dass diese Prüfung jetzt seitens der Stadt beginnen soll.
Vielen Dank!
Es gilt das gesprochene Wort – Stadtrat, 07. September 2023