Stadtratsrede zur Vorlage Förderung für Flusswasserwerk

Dr. Wolfgang Deppe

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

werte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

in Dresden soll ein riesiges Flusswasserwerk gebaut werden. Die Notwendigkeit zum Bau dieser neuen Anlage in Übigau ergibt sich allein aus dem enormen und zukünftig stark wachsenden Wasserbedarf der Chipindustrie im Dresdner Norden. Infineon, Globalfoundries und Bosch wollen ihre Chipproduktion in Dresden in den nächsten Jahren massiv erweitern und nun kommt mit TSMC auch noch ein neues Unternehmen dazu. 60.000 Kubikmeter Wasser täglich, später sogar 90.000 Kubikmeter sollen dafür der Elbe entnommen werden,

Wer die Ansiedlung eines neuen Unternehmens und den Ausbau der Chipindustrie in Dresden will – und wir Grünen bekennen uns dazu, denn es sichert die Wirtschaftskraft unserer Stadt, schafft viele neue Arbeitsplätze und generiert Steuereinnahmen für all die Dinge, die uns wichtig sind – der muss letztlich auch Ja sagen zu diesem Flusswasserwerk. Doch trotz dieses grundsätzlichen Ja gibt es auch einige Fragen.

Mit Recht haben in der letzten Woche mehrere Umweltverbände und -initiativen die mangelnde Transparenz und fehlende Öffentlichkeits-beteiligung zu diesem Großprojekt beklagt. Natürlich wollen die Dresdnerinnen und Dresdner wissen, ob da dann in Zeiten von Niedrigwasser als Folge der zunehmenden Trockenheit noch genug Wasser in der Elbe ist, um die Trinkwasserversorgung der Stadt zu sichern. Und natürlich fragen sich viele Menschen, warum Stadt und Land der profitablen SachsenEnergie 150 Mio. Euro Fördermittel aus Steuergeldern geben sollen, um noch profitableren Großunternehmen das Wasser zu liefern.

Diese Fragen wurden in der Vorlage nicht und in den sehr knapp gehaltenen Ausschussberatungen nur durch zahlreiche Nachfragen und Hintergrundgespräche halbwegs befriedigend beantwortet. Da bleibt in der Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsprozess noch vieles zu tun, auf das wir drängen werden.

Die Kernfrage für uns heute ist, warum braucht das profitable Unternehmen SachsenEnergie Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe, während die Stadtentwässerung, die für die Chipindustrie ebenfalls massiv in den Ausbau der Kläranlage in Kaditz investieren muss, das mit Eigenmitteln und Bankkrediten schafft? Die Antwort lautet, dass die Chipunternehmen nicht bereit waren, einen kostendeckenden und für die SachsenEnergie wirtschaftlich darstellbaren Preis für das Wasser zu bezahlen.

Nun kann man fragen: schlecht verhandelt? Aus mehreren Hintergrundgesprächen wissen wir jedoch, dass seitens der SachsenEnergie hart und lange verhandelt wurde, aber mehr als 1,75 Euro pro Kubikmeter Wasser nicht drin waren. Das ist schon deutlich mehr als der durchschnittliche Industriewasserpreis in Deutschland, vom Ausland ganz abgesehen. Wenn das Unternehmen nicht seine eigene Wirtschaftlichkeit gefährden will, woran wir als Haupteigentümer des Unternehmens, das schließlich DVB und Bäder querfinanziert, kein Interesse haben können, dann muss das Delta zu einem kostendeckenden Preis von über 3 Euro anderweitig gedeckt werden. Dadurch dass das Land 100 Mio. Euro, also zwei Drittel der Förderung, gibt, ist es dann schlussendlich im Sinne der Sicherung der zukünftigen Erlöse der SachsenEnergie jetzt klüger, als Stadt 50 Mio. Euro Förderung beizusteuern.

 

Was uns Bündnisgrüne an der Finanzierung jedoch nicht gefällt und auch dem ganzen Stadtrat nicht gefallen sollte, ist die Tatsache, dass 5,5 Mio. Euro aus dem städtischen Fördertopf Sichere Energieversorgung genommen werden sollen, der für Maßnahmen zur Energie- und CO2-Einsparung und zum Ausbau erneuerbarer Energien gedacht ist. Damit hat das Flusswasserwerk nun wirklich nichts zu tun.

Wir alle haben am 30. Januar 2020 mit großer Mehrheit beschlossen, dass der Klimaschutz städtische Aufgabe höchster Priorität ist. Und nun sollen bei erster Gelegenheit Fördermittel für dieses Ziel zweckentfremdet werden. Das kann und darf es nicht sein. Deshalb stellen wir zu dieser Vorlage einen Ergänzungsantrag, der die Förderung jetzt nicht blockiert, den Oberbürgermeister aber verpflichtet, bei Vorliegen entsprechender Projekte (die es gibt) 4 Mio. von den 5,5 Mio. Euro in 2024 wieder in den Fonds Sichere Energieversorgung einzustellen. In der Konsequenz unserer bisherigen Beschlüsse zum Klimaschutz muss man diesem Ergänzungsantrag zustimmen. Darum bitte ich Sie herzlich!

Vielen Dank!

Es gilt das gesprochene Wort – Stadtrat, 16. November 2023