Aktuelle Stunde: Energiekrise

Stadtratsrede von Dr. Wolfgang Deppe

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

nach Klimakrise und Coronakrise erleben wir nun seit sechs Monaten eine neue Krise, die Energiekrise. Sie ist unmittelbar verursacht durch Putins brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine, aber sie hat weitreichendere Wurzeln. Sie gründet auf der eklatanten Abhängigkeit von russischem Gas und von Gas überhaupt, in die sich Deutschland sehenden Auges begeben hat. Sie basiert auf den eklatanten Fehlentscheidungen von 16 Jahren CDU-Regierungen mit wechselnder Unterstützung von FDP und SPD. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde nach vielversprechendem Beginn durch die rot-grüne Koalition von 1998 bis 2005 sträflich vernachlässigt, ja blockiert durch Deckelung des Ausbauumfangs bei Windkraft- und Solaranlagen, unmäßig hohe Anforderungen an Abstände, elend lange und komplizierte Genehmigungsverfahren und Widerstand gegen den Stromtrassenausbau von Nord nach Süd vor allem aus CSU-Bayern. Wir stünden jetzt ganz anders da, wenn es diese Blockade nicht gegeben hätte.

Nun muss der grüne Wirtschaftsminister Habeck in der neuen Bundesregierung in Windeseile damit aufräumen und für ein energisches Umsteuern sorgen. Das sog. Osterpaket der Bundesregierung schafft jetzt die Voraussetzungen für eine echte Energiewende. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird zur nationalen Vorrangaufgabe, es werden klare und verbindliche Ausbauziele festgesetzt, die Bundesländer erhalten Flächenvorgaben, die Genehmigungsverfahren werden deutlich beschleunigt und Konflikte mit dem Naturschutz aufgelöst.

Doch in Sachsen wird immer noch blockiert. Ministerpräsident Kretschmer (CDU) hält die Energiewende für gescheitert (so gestern von ihm in Leipzig zu hören) und will Braunkohle und Atomkraft zur Renaissance verhelfen. Hat dieser Ministerpräsident immer noch nichts von der das Leben auf der Erde bedrohenden Klimakrise verstanden? Was gescheitert ist, ist diese unsägliche Kohle- und Gas-basierte Energiepolitik, Herr Ministerpräsident, nicht die Energiewende!

Dem allen zum Trotz muss Dresden jetzt seine Handlungsmöglichkeiten energisch nutzen. Wir brauchen eine Photovoltaik-Offensive auf städtischen, privaten und genossenschaftlichen Dächern. Wir haben hier ein großes Potenzial und unser Antrag, den wir kürzlich in den Stadtrat eingebracht haben, soll das voranbringen. Und es muss auch noch einmal neu über Windkraftanlagen auf Dresdner Stadtgebiet, z.B. im Westen neben der Autobahn, nachgedacht werden. Vor allem aber muss unser Energieversorger, die SachsenEnergie, in die Pflicht genommen werden zum raschen Ausbau ihrer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und zur raschen Substitution von Erdgas in der Fernwärmeerzeugung. Technisch ist das möglich durch Großwärmepumpen, Hitzespeicher, Tiefengeothermie und in einigen Jahren mit sog. „grünem“ Wasserstoff. Hier sind Sie Herr Oberbürgermeister als Vertreter des Mehrheitseigentümers und Aufsichtsratsvorsitzender in besonderer Weise gefordert deutlich mehr zu tun, als Sie es in der Vergangenheit getan haben.
Kurzfristig brauchen wir nun jedoch Energieeinsparungen. Dazu hat für den Verantwortungsbereich der Stadtverwaltung die von der grünen. Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen geleitete Task-force sehr gute Vorschläge gemacht, die wir ausdrücklich und in vollem Umfang unterstützen.

Von der Energiekrise und den steigenden Strom- und Gaspreisen sind viele Menschen existenziell bedroht. Es ist in erster Linie die Aufgabe des Bundes, diese sozialen Folgen abzumildern. Die Bundesregierung tut hier bereits einiges durch Heizkostenzuschüsse und deutliche Hilfen beim Wohngeld und wird sicher noch mehr tun. Eine Kommune hat hier finanziell nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Aus unserer Sicht sind hier nur Notfallhilfen und sehr gezielte Maßnahmen möglich, wie z.B. eine finanzielle Unterstützung für die Tafeln. Solchen Hilfen stehen wir als grüne Fraktion aufgeschlossen gegenüber.

Vielen Dank!