Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste hier im Saal und draußen an den Empfangsgeräten,
ich bitte Sie alle, sich in Ihre Grundschulzeit zurückzuversetzen. Sicher haben Sie einen Wandertag in Erinnerung, der Sie in landschaftlich reizvolle Gegenden unserer schönen Heimat geführt hat. Höchstwahrscheinlich ist Ihnen irgendwo auf dem Wege das gelbe Schild mit der Eule begegnet. Übrigens nur im Osten, im Westen ist es meistens ein Seeadler im grünen Dreieck. Mit Sicherheit haben die Lehrerinnen und Lehrer, die Sie begleitet haben, an dieser Stelle darauf hingewiesen, was dieses Zeichen bedeutet: Sie betreten ein Naturschutzgebiet. Dort sind nach Bundesnaturschutzgesetz alle Handlungen verboten, „die zur einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets führen können“. Für Schulkinder heißt das: keine Blumen pflücken, keine Pflanzenteile abreißen, keinen Müll hinterlassen, die Wege nicht verlassen.
Was hat das mit dem vorliegenden Antrag zu tun? Das Bundesnaturschutzgesetz gilt selbstverständlich auch für Erwachsene. Wenn Sie vom Schillerplatz kommend die Straße „Am Schillergarten“ hinunter zur Elbe nehmen, kommen Sie an der Eule im Fünfeck – Sie erinnern sich wieder an die Grundschule! – vorbei. In diesem Fall stehen Sie vor dem Landschaftsschutzgebiet „Dresdner Elbwiesen und –altarme“. Mit Verordnung vom 29. August 1996 ist es dort unter anderem verboten, Kraftfahrzeuge und selbst Fahrräder außerhalb dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze zu fahren oder abzustellen. A pro pos verboten, auch das Befahren eines Rad- oder Fußwegs (erkennt man an den blauen Schildern) mit einem Kraftfahrzeug ist nach der StVO verboten. Jeder gute Staatsbürger würde also davon absehen, mit dem Auto dort entlangzufahren. Oder um es im Jargon der sogenannten AfD zu sagen: „Unser Land, unserer Regeln!“. Weil irgendwann aber jemand damit angefangen hat, dort zu parken und dies nicht geahndet wurde – was für mich der eigentliche Skandal ist – haben sich mehr und mehr Autofahrerinnen und Autofahrer daran gewöhnt, dass sie ihr Fahrzeug dort auch noch kostenfrei abstellen können. Denn ein Parkplatz, der nicht legal ist, kann natürlich auch nicht bewirtschaftet werden.
Der Antrag läuft darauf hinaus, dieses Dilemma zu lösen, indem der Bereich, in dem jetzt illegal geparkt wird, aus dem Naturschutzgebiets herausgelöst wird. Mit so einem Verfahren haben wir an der Waldschlösschenbrücke bereits eher schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb hatte der letzte Stadtrat ja auch beschlossen, dieses Vorhaben aufzugeben, was die AfD nun nochmal versuchen möchte. Dass die selbsternannten Patrioten den Naturschutz, der ja schließlich auch Heimatschutz ist, für populistische Forderungen nach mehr Parkplätzen derart auf die leichte Schulter nehmen, sollte allen zu denken geben, die der AfD ihre Stimme gegeben haben.
Die Situation am Elberad- und Wanderweg ist am Blauen Wunder auch aus einem weiteren Grund ungeeignet, mit dem Autoverkehr eine weitere Verkehrsart dort zuzulassen. Es ist eine Stelle, an der im Verlauf des Elberadwegs besonders häufig Unfälle passieren. Der Elberadweg wird von vielen Familien gern genutzt, um mit Kindern das sichere Radfahren zu erlernen. Spaziergänger genießen die Möglichkeit, mitten in der Stadt ein paar Schritte abseits des Autoverkehrs zu gehen. Diese Strecke mit sogenanntem Park-Such-Verkehr zu belasten ist auch deshalb aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Der ADFC hat mit mehreren Stellungnahmen auf genau diese Problematik hingewiesen. Dass auch Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer am Elbe-Rad-und-Wanderweg Rücksicht üben müssen, wozu ich sie ausdrücklich auffordern möchte, ist übrigens müßig zu erwähnen und rechtfertigt auf keinen Fall, dort Parkplätze anzuordnen.
Und dann möchte ich noch auf eine letzte Sache eingehen. In der Regel wird von den Leuten, die gern mit dem Auto überall hinfahren möchten, dann auf die gehbehinderte Oma verwiesen, die den Parkplatz direkt vor der Tür aber wirklich braucht. Ja. Da bin ich ganz bei Ihnen. Parkplätze für mobilitätseingeschränkte Personen sind notwendig. Aber da möchte ich doch auch mal darauf aufmerksam machen, dass bereits jetzt am Blauen Wunder genug legale Parkplätze für die gehbehinderten Omas zur Verfügung stehen würden, wenn alle, die nur aus Bequemlichkeit mit dem Auto fahren, die Bahn nehmen würden. Am Schillerplatz fahren 2 Straßenbahnlinien, bis 22 Uhr mindestens im Viertelstundentakt, sogar die ganze Nacht im Halbstundentakt, sowie 5 Buslinien, davon 4 60er Busse mit besonders hoher Taktdichte.
Dann gibt es noch diejenigen, die glauben, sie könnten ihr Auto überall abstellen, ohne dafür zusätzliche Kosten zu haben und deshalb lieber illegal an der Elbe parken, als in der Schillergalerie lächerliche 1,20 pro Stunde zu zahlen.
Wenn also die Faulen und die Geizigen darauf verzichten würden, rund um den Schillergarten zu parken, hätten diejenigen, die schlecht zu Fuß sind, auch Parkplätze direkt vor der Tür. Ich appelliere hier also auch mal an die Solidarität untereinander und insbesondere der älteren Generation gegenüber. Ich sage es gern immer wieder: Parken ist kein Menschenrecht!
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist allerdings sehr wohl ein Menschenrecht und rechtfertigt Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen. Und der Naturschutz hat in Sachsen übrigens sogar Verfassungsrang. Aus diesen Gründen lehnt meine Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen den vorliegenden Antrag ab und wird dem negativen Ausschussvotum zustimmen.