Rede zur Aufarbeitung der Ereignisse bei Dynamo Dresden

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte, 

lieber Sportgemeinschaft Dynamo Dresden, 

  

um es gleich voranzustellen. Es gibt keine Vorverurteilung des Vereins, der Vereinsführung oder der Spieler durch unsere Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Uns ist klar, dass das von einigen Rednern hier behauptet wird. Allerdings sagen sie das auch aus ihrer Verbindung heraus zur Fanszene und mit einer eingeschränkten Sicht auf die Dinge. Diesem Populismus möchten wir uns nicht anschließen. 

Für uns GRÜNE steht die Unversehrtheit und der Schutz von Leib und Leben der Menschen an oberster Stelle. Vor diesem Hintergrund lehnen wir Gewalt egal von welcher Seite sie ausgeübt wird strikt ab. Ich betone noch einmal, von allen Seiten. Damit sind vermeintliche Fans die Angriffe auf Polizei und andere Personen starten genauso gemeint wie Polizeikräfte die mit unangemessenem Vorgehen und unter Einsatz von Tränengas und anderen Stoffen auf Situationen reagieren. Kommunikation, frühzeitige Abstimmungen, Deeskalation und die Vermeidung unkontrollierbarer Situationen sollten dabei das Handeln aller Beteiligten leiten. 

Nach unserem bisherigen Kenntnisstand sind im Vorfeld des Spieltags vom 16.5.2021 einige dieser genannten Prämissen nur unzureichend beachtet worden. Weiterhin gab es offensichtlich eine große Unsicherheit, vielleicht auch Überlastung, der Verantwortlichen bei Polizei, Versammlungsbehörde, dem Ordnungsamt und der SG Dynamo Dresden. Klar ist allerdings, dass Polizei und Ordnungsbehörden für die Sicherheit im öffentlichen Raum verantwortlich sind. Bei Einsätzen außerhalb von Stadien haben Vereine und Stadionbetreiber nur begrenztes Mitspracherecht. 

Bei einer sehr diffusen Einschätzung der Lage wie viele Fans tatsächlich anreisen und vorm Stadion zu erwarten sind über die Frage der Einhaltung der bestehenden Coronaschutzverordnung bis hin zur Angemessenheit von Absperrungen, Anzahl der Einsatzkräfte und möglicher Szenarien hat nach heutigem Erkenntnisstand das seit vielen Jahren professionell arbeitende Netzwerk aus Vereinen, städtischen Institutionen, Polizei und Fanprojekten nicht ausreichend funktioniert.  

So hat es, wie sonst üblich, keine Sicherheitsbesprechung am Dienstag vor dem jeweiligen Spieltag mit allen Institutionen gegeben. Bei der am Dienstag, 11.5., stattgefundenen Besprechung nahmen nur der Verein, das Ordnungs- und Gesundheitsamt und die Polizeidirektion Dresden teil. Eine Einbindung des Fanprojektes erfolgte zu diesem Zeitpunkt nicht.  

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass nach diesem Dienstagtreffen keine klare Kommunikation zur Vorbereitung des Spieltages erfolgte. Weder Verein, Fanprojekt noch die Fans selber wussten, auf welche Situation man sich am Spieltag einzustellen hatte. Auch wie mit der Situation eines möglichen frühzeitigen Aufstiegs der Mannschaft in die 2. Bundesliga umgegangen werden soll wurde offengelassen. Offensichtlich weckte das die Hoffnung vieler Fans am Spieltag in die Nähe ihrer „Goldfüßchen“ zu kommen, um diesen sportlichen Erfolg irgendwie feiern zu können. Weitere Besprechungen erfolgten erst am Freitag, also zwei Tage vor Spielbeginn, dann unter Teilnahme aller Vertreter*innen, also auch des Fanprojekts. Ein Zeitpunkt, der nach heutiger Einschätzung viel zu spät war, um weitreichend und umfassend in die Fanszene zu kommunizieren. Auch die Botschaften, die am Freitag gesendet wurde waren vieldeutig. Diese fehlerhaften Vorbereitungen begünstigten diese Entwicklung der Ereignisse am Spieltag. 

Für eine umfassende Aufarbeitung, wie von uns gefordert, sind all diese Aspekte und auch die Abläufe am Spieltag selber sehr genau auszuwerten und entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Hier sehen wir alle Seiten in der Verantwortung. 

Mit dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit, dem Leitbild des Vereins, der bundesweit anerkannten Arbeit der Stadionverbotskommission, der langjährigen hervorragenden Arbeit des Fanprojektes als vereinsunabhängige Institution gibt es bereits gute Grundlagen und Akteur*innen die sich mit der Vermeidung von Gewalt und Eskalation im Zusammenhang mit Fußballspielen und einer Abgrenzung zu gewaltbereiten vermeintlichen Fans befassen. 

Die Zeit für eine Aufarbeitung des 16.5.2021 und eine Neujustierung der professionellen Netzwerke rund um die Spieltagsvorbereitungen drängt. Mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga erwarten uns mit Sankt Pauli, Erzgebirge Aue und Hansa Rostock ganz andere Fanbegegnungen an den Spieltagen  

Ein Eingreifen der Polizei in vereinsinterne Abläufe wie z.B. die Arbeit der Stadionverbots-kommission sehen wir als wenig zielführend und lenkt von den eigentlichen Fehlern im Vorfeld des 16.5. ab. 

Zusammenarbeit aller Seiten, klare und frühzeitige Kommunikation und eine fundierte Einschätzung der Lage im Vorfeld und der Situation vor Ort muss wieder handlungsleitend sein. Immerhin waren Szenen wie am 16.5. 2021 seit 14 Jahren nicht mehr in Dresden zu sehen.  

Das sollte uns motivieren.