Stadtratsrede Bezahlkarte – Tina Siebeneicher

Zum AfD-Antrag in Dresden eine Bezahlkarte als Modellprojekt einzuführen

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,
liebe interessierte Bürgerinnen und Bürger,

die Bezahlkarte wird kommen – deutschlandweit.

Wir BÜNDNISGRÜNE lehnen eine Bezahlkarte nicht grundsätzlich ab. Bisher müssen die Betroffenen jeden Monat zum Amt gehen, um ihr Bargeld zu erhalten. Die Bezahlkarte ist eine Chance, wenn Sie Asylsuchenden und der Verwaltung dabei hilft Zeit zu sparen und das Personal dadurch dringendere Aufgaben erledigen kann.

Die zentrale Frage für uns BÜNDNISGRÜNE ist: Wie wird die Bezahlkarte in der Praxis funktionieren?
Wir brauchen eine deutschlandweite, einheitliche Lösung. Ein Flickenteppich mit vielen verschiedenen Anbietern führt ins Chaos. Deshalb begrüße ich es, dass Sozialbürgermeisterin Frau Dr. Kaufmann eine bundeseinheitliche Lösung abwarten möchte, damit wir dann hoffentlich für Dresden eine Lösung haben, die funktioniert!

Am wichtigsten für uns ist: Wer eine Bezahlkarte erhält, muss damit auch unkompliziert bezahlen können. Sonst ist die Bezahlkarte ihren Namen nicht wert!

Wir BÜNDNISGRÜNE sind gegen die geplanten Einschränkungen der Karte. Denn jede Sonderregelung macht das Leben für Asylsuchende noch komplizierter. Es wäre fatal, wenn der Zugang zu dem wenigen Geld, das Asylsuchenden zusteht, auch noch erschwert wird. Wir reden aktuell über 204 Euro pro Monat. Das ist der Betrag, den Asylsuchenden zusätzlich zur Unterkunft und Verpflegung monatlich zur Verfügung haben, um sich Dinge des alltäglichen Bedarfs zu kaufen und an unserer Gesellschaft teilzuhaben.

204 Euro sind nicht viel, wenn es für Kleidung, das eigene Telefon, ein Busticket, den Bibliotheksausweis oder einen Ausflug reichen muss. Umso problematischer wird es, wenn dieser Betrag durch einen Wildwuchs an Vorschriften weiter eingeschränkt wird. Viele Diskussionen der letzten Monate gehen vollkommen an der Lebensrealität von Asylsuchenden vorbei. Es geht dabei um Macht. Und im Kern geht es auch hier um die Frage, wie wir mit Menschen umgehen, die bei uns Schutz suchen. Es geht um die Frage, ob wir diesen Menschen vorschreiben, für was sie ihr Geld ausgeben dürfen und für was nicht.

Und ich mache es an zwei Beispielen konkret: Die sächsischen CDU-Landräte wollen die Bezahlkarte auf bestimmte Regionen beschränken. Das heißt man soll im Nachbar-Landkreis nicht bezahlen können. Dafür gibt es keinen guten Grund – außer man möchte Asylsuchende in ihrem Bewegungsradius einschränken. Wenn der Besuch von Verwandten unmöglich wird oder ein Ausflug mit der Familie in den Zoo einer größeren Stadt, dann läuft etwas falsch. Die Bezahlkarte muss überall gelten, ohne Wenn und Aber!
Die sächsischen CDU-Landräte wollen die Bargeldabhebungen auf 50 Euro im Monat begrenzen. Auch dafür gibt es keinen logischen Grund. Asylsuchende wird es so besonders schwer gemacht, gebrauchte Sachen kaufen, zum Beispiel auf dem Flohmarkt. Und Eltern müssen überlegen, obsie ihren Kinder überhaupt noch eine Kugel Eis kaufen können. Maximal 50 Euro Bargeld pro Monat, sind weniger als 1,50 Euro pro Tag auf der Hand. Das ist ein Problem, nicht nur deshalb, weil bargeldloses Bezahlen in Deutschland vielerorts mehr Traum als Wirklichkeit ist. Und obendrein soll die Karte nicht in allen Geschäften akzeptiert werden.

Die Bezahlkarte darf nicht zur Gängelung führen und erst recht nicht zur Schikane werden! Und alle, die sich heute überbieten mit weiteren Vorschriften, die mögen mal bitte kurz innehalten. Sehr geehrte Christdemokraten, wie wäre es damit: „Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“