Nach seinem Fehler bei der Aufstellung folgt nun ein Versuch eines Befreiungsschlages des OB-Kandidaten Hilbert (Interview in der Sächsischen Zeitung vom 04.05.2022). Er offenbart vor allem ein merkwürdiges Amtsverständnis: Anscheinend betrachtet er es als hauptsächliche Aufgabe des Oberbürgermeisters, lediglich Fragen zu stellen. Aber: Sämtliche Fäden der verschiedenen Verwaltungsbereiche und der städtischen Unternehmen laufen beim Oberbürgermeister zusammen. Diese Fäden müssen eine ganze Amtszeit lang aufgegriffen und gehalten werden, nicht erst im Wahlkampf.
Die Bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende, Agnes Scharnetzky, stellt fest: »Der Oberbürgermeister sucht mal wieder in bewährter Manier die Schuld bei anderen. Nicht er, sondern Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen hat den Grundsatzbeschluss zum Klimaschutz herbeigeführt. Klimaschutz kann aber nicht von einem einzelnen Ressort umgesetzt werden, Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe und muss in allen Bereichen der Stadtverwaltung und vor allem von der Verwaltungsspitze mitgedacht und vorangetrieben werden.«
»Stattdessen«, so Scharnetzky weiter, »stimmt der Oberbürgermeister gegen den Ausbau des Radverkehrs wie etwa an der Albertstraße, verhinderte Tempo 30 in der Stadt und kommt seiner Verantwortung beim Umsteuern der SachsenEnergie nicht nach, deren Aufsichtsratsvorsitzender er unbedingt sein wollte: Bis heute gibt es kein Unternehmenskonzept der Stadtwerke für Klimaneutralität bis 2035, es gibt keinen Plan zur Dekarbonisierung der Fernwärme, ein großes Solarwärmekraftwerk mit Speicher auf dem Heller wird nicht umgesetzt und auch die Offensive für mehr Solaranlagen auf städtischen Dächern ist mehr gegen den Oberbürgermeister als mit ihm zustande gekommen. In den vom Oberbürgermeister in den letzten Jahren vorgelegten Haushaltsplänen war Klimaschutz regelmäßig rausgestrichen worden und musste erst durch den Stadtrat wieder hineingestimmt werden.«
»Statt von Führungsqualität und zukunftsweisender, strukturierter Politik, war Herrn Hilberts Amtszeit geprägt von widersprüchlichem Verhalten, mangelnder Kommunikation, Aussitzen und großen Ankündigungen, denen dann keine Taten folgten,« fasst Christiane Filius-Jehne, die zweite Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen Stadtratsfraktion, zusammen.
»Wenn Herr Hilbert erst jetzt, wie längst von Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen vorgeschlagen, wichtige Akteur*innen an seinen Tisch holt, dann ist das zu wenig und zu spät für einen Oberbürgermeister. In einem Punkt hat er recht: Klimaschutz braucht Führungsverantwortung. Doch die hat Dirk Hilbert sieben Jahre lang nicht wahrgenommen«, so Filius-Jehne abschließend.