Stadt und Land brechen Inklusion-Versprechen: Eltern ohne Wahlfreiheit

Es braucht mehr Ehrgeiz für Inklusion in den Regelschulen

26.08.2025

Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat über die Einrichtung einer Außenstelle der Astrid-Lindgren-Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Hierfür muss sie auf Druck des Landes den Teilschulplannetz Förderschulen ändern. Als Außenstelle soll der bisherige Auslagerungsstandort an der Ginsterstraße 3 genutzt werden. Dieser fällt mit dem Beschluss folglich für die unvorhersehbare Auslagerung von Schulen bspw. im Haveriefall weg.

Der Grund für den Bedarf der Außenstelle ist der anhaltend starke Anstieg an Schüler*innen mit Förderbedarf geistige Entwicklung. Mit dem Beginn des Schuljahres 2024/25 wurden Kapazitäten für zusätzliche sieben Klassen benötigt (V2954/24, Anlage 2, TOP 12 der Stadtratssitzung am 28.08.).

„Mit der geplanten Erweiterung der Förderschule für geistige Entwicklung sendet die Stadt ein fatales Signal und lässt sich vom Land erpressen. Uns bleibt zum jetzigen Zeitpunkt im Sinne der Schüler*innen keine weitere Option als der Erweiterung der Förderschule zuzustimmen. Sie brauchen dringend den Platz an der Förderschule, da es an den Regelschulen kaum Optionen gibt“, erklärt Katharina Ringler, bildungspolitische Sprecherin der Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Anstatt die inklusive Beschulung voranzubringen, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention seit über fünfzehn Jahren vorschreibt, zementieren wir ein überholtes System von Aussonderung“, kritisiert die Stadträtin.

Formal betrachtet können Eltern zwischen einem Schulplatz an einer Förderschule und an einer Regelschule wählen. Besonders für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung gilt diese Wahlfreiheit aber meist nur in der Theorie. Auf Anfrage an die Stadtverwaltung (siehe Anlage: AF0484/25) wurden im Schuljahr nur 6 Schüler*innen mit diesem Förderschwerpunkt inklusiv an Schulen in kommunaler Trägerschaft beschult. 293 Schüler*innen hingegen besuchten eine der drei kommunalen Förderschulen. Der einzige Förderschwerpunkt, bei dem eine klare Tendenz zur inklusiven Beschulung erkennbar ist, ist der Förderschwerpunkt Lernen. „Wir versagen bei allen Förderschwerpunkten, die eine räumliche Umgestaltung der Schule sowie besonders ausgebildetes Personal brauchen“, erklärt Ringler. Die Verantwortung dafür sieht sie vor allem auf der Landesebene.

Das Landesamt für Schule und Bildung ist gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus dafür verantwortlich, ausreichend pädagogische Personal auszubilden und einzustellen. Besonders der Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat einen hohen Bedarf an Fachpersonal, welches vom Land bereitgestellt werden muss – auch an Regelschulen, um Inklusion zu ermöglichen. Außerdem mangelt es an Fördermitteln von der Landesebene für die Sanierung von Bestandsgebäuden.

„Wir als Kommune können nur bedingt zu den Bedingungen für inklusive Schulplätze beitragen. Mit der jetzigen Vorlage zwingt das Land uns zur Nutzung der Außenstelle. Im Sinne der Kinder werden uns dagegen nicht wehren. Zukünftig braucht es echten Ehrgeiz bei der Herstellung einer echten Wahlfreiheit. Von inklusiven Schulen profitieren am Ende alle – unabhängig davon, ob ein Förderbedarf besteht oder nicht. Schulen sind der Spiegel unserer Gesellschaft und dürfen deshalb niemanden ausschließen“, so Ringler abschließend.

Ansprechpartner*innen

Themen

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner