Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleg*innen und Bürger*innen,
es geht auf den ersten Blick um eine reine Finanzvorlage. Die zusätzlichen Kosten zur Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine sollen damit gedeckt werden. So weit so nachvollziehbar.
Nur enthält die Vorlage vertrauliche Anhänge. Und in Anlage 3 wird auch über konkrete neue Standorte für Unterbringungen informiert. Ich sage bewusst, dass wir lediglich informiert werden. Denn im Beschlusstext wird an keiner Stelle auf diese Anlage direkt verwiesen. Und wir können hier auch nicht öffentlich darüber reden, weil die Anhänge wie gesagt als vertraulich gekennzeichnet sind.
Dennoch ist die Frage nach neuen Standorten für die Unterbringung von Geflüchteten von Interesse und wir stehen hier – wie viele deutsche Großstädte – aktuell vor großen Herausforderungen. Zu uns nach Dresden kamen seit dem Frühjahr ca. 9.000 Geflüchtete aus der Ukraine und seit dem Sommer kommen auch wieder deutlich mehr Geflüchtete aus anderen Ländern. Bis Jahresende werden 100 Geflüchtete pro Woche erwartet. Wir haben derzeit ein Platz-Problem und unsere Standards zur Unterbringung stehen seit Jahren erstmals wieder in Frage. Wir mussten zeitweise Turnhallen nutzen, zum Teil auch Hotels und über längerer Zeit auch die Messe.
Ich sehe, dass die Suche nach Räumen für die Verwaltung schwer ist – der Leerstand ist gering, kommunale Gebäude in gutem Zustand sind rar und bezahlbare, private Wohnungen sind knapp. ABER wir sollten Notunterkünfte nicht durch die Hintertür zum neuen Standard machen. Denn viele Menschen auf engem Raum bedeutet Stress, es kann Konflikte verschärfen und es erschwert auf lange Sicht die Integration.
Uns BÜNDNISGRÜNEN ist deshalb weiterhin wichtig:
- Eine Verteilung von kleineren Unterkünften über die Stadtteile
- Eine gute Soziale Betreuung , ehrenamtliche Hilfe und Gemeinschaftsräume in größeren Unterkünften
- Schutz, vor allem für Frauen mit oder ohne Kinder, Behinderte, Senioren, Menschen anderer sexueller Orientierung
- Selbstversorgung und Kochmöglichkeiten vor Ort, wenn irgendwie möglich.
Die Entscheidung über neue Unterkünfte liegt beim Stadtrat und wir sollten wissen, worüber wir genau entscheiden. Und wenn beschlossene Standards nicht gehalten werden können, so ist das transparent darzustellen. Diese Vorlage ist verwirrend und alles andere als transparent. Es werden neue Standorte mit verschiedenen Laufzeiten und Erläuterungen aufgelistet. Mehr als diese Liste ist uns als Information aber nicht zugänglich. Eine Beratung im Sozialausschuss war wegen der Eilbedürftigkeit nicht möglich. Die Verbindlichkeit der Standorte ist ebenso unklar! Denn der Beschlusspunkt 8 bleibt äußerst vage und kann alles oder nichts bedeuten:
„Der Oberbürgermeister hat die im Jahr 2023 für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von geflüchteten Menschen erforderlichen Maßnahmen weiterzuführen bzw. erforderlichenfalls einzuleiten und dem Stadtrat spätestens mit Vorlage des Finanzzwischenberichtes 2023 entsprechend zu berichten.“
Ich schlage deshalb vor, den Punkt 8 zu streichen und wie folgt zu ersetzen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
Punkt 8: ab sofort alle neuen Notunterkünfte bzw. Gemeinschaftsunterkünfte für Asylsuchende, die eine Vertragslaufzeit von über 6 Monaten haben, dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Die Vorlagen sollen die Kosten, Platzkapazitäten und Mindeststandards bzw. beabsichtigte Ausnahmen von den beschlossenen Unterbringungsstandards transparent darstellen,
NEU Punkt 9: den „Fachplan Asyl und Integration“ bis zum 30.06.2023 fortzuschreiben, an die aktuellen Bedarfe anzupassen und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.
Die Art der Unterbringung entscheidet über vieles. Uns ist ja auch nicht egal, wie und wo wir wohnen. Bei Menschen, die in unserer Gesellschaft neu ankommen, entscheidet die Unterbringung auch über das Ankommen in Dresden. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Deshalb brauchen wir zu dieser Frage trotz Krise geordnete Beratungen und Abstimmungen. Insofern bitte ich um Zustimmung zu den Ergänzungen.
Der Vorlage werden wir zustimmen.
Es gilt das gesprochene Wort – Stadtrat, 24. November 2022