Rede zur Aktuellen Stunde zum Thema Corona-Pandemie

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

Wir trauern Stand heute um 676 Menschen, die mit einer Corona-Infektion in dieser Stadt gestorben sind.

Wir denken aber auch an die vielen Menschen, die eine Corona-Infektion überstanden haben und bei denen es keineswegs Grippe-Symptome waren, sondern die die Angst um ihre Gesundheit und ihre Konstitution noch lange begleiten werden.

Wir denken an alle Menschen, die in Gesundheits- und Pflegeberufen um die Gesundheit und das Leben von Menschen besorgt sind und sich damit täglich Risiken aussetzen.

Das sind all jene, die unmittelbar von der Pandemie betroffen sind, deren Alltag davon geprägt ist.

Wenn ich an die einen denke heißt es ja nicht, dass ich die andern nicht im Blick habe. Wir sind uns bewusst, dass viele schmerzhafte Entscheidungen im letzten Jahr zu gravierenden wirtschaftlichen und persönlichen Einschränkungen geführt haben. Ich sehe die Herausforderung des Homeschooling, das Familien,- Eltern wie Kinder aber auch Lehrkräfte auf verschiedenen Ebenen belastet. Ich sehe die vielen, häufig älteren, Menschen, die unter Einsamkeit leiden und mangelnden Kontakten. Und ich sehe gleichermaßen die vielen, die ihren Arbeitsplatz nicht einfach an den heimischen Schreibtisch oder Küchentisch verlegen konnten, jene, denen Einnahmen und Aufträge weggebrochen sind und die um ihre wirtschaftliche Existenz ringen.

Gleichzeitig müssen wir uns hier im Stadtrat eingestehen, wir haben die Augen verschlossen, vor virologischen Erkenntnissen. Was wir gerade in den letzten Wochen erlebt haben, die Anlässe für den zweiten harten Lockdown waren prognostiziert und wurden provoziert auch durch politische Entscheidungsträger*innen, die den Schlussstrich nach dem ersten Lockdown schon gezogen hatten. Lassen sie uns diesen Fehler, sehr geehrter Herr Hilbert, im Angesicht mutierter Viren bitte nicht noch einmal machen.

Wir alle hier hätten im Oktober/ November, als wir über Zuschüsse für den Strietzelmakt und Weihnachtsmärkte in Dresden verhandelt haben, öffentlich eingestehen müssen, dass das nicht verantwortlich umzusetzen sein wird. Der Christkindelmarkt in Nürnberg – als Marke sicher vergleichbar – war zu diesem Zeitpunkt lange abgesagt.

Die Pandemie hat einen Preis. Individuell ist er sehr unterschiedlich. Wir müssen eingestehen, dass wir die Abschlussrechnung heute noch nicht kennen. Wir können nur absehen, was wir bis jetzt und was wir in nächster Zukunft voraussichtlich leisten müssen. Der Infektionsschutz ist ein hohes Gut. Es geht um nicht weniger als die Gesundheit der Allgemeinheit. Der Staat hat dieser Stelle eine verfassungsrechtlich begründete Schutzpflicht für die Gesundheit seiner Bürger*innen. Diese rechtfertigt verhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte. Viele Menschen tragen das mit. Nicht wenige opponieren dagegen und greifen dabei zum Teil auf extremistische und antisemitische Denkmuster zurück. Das ist schlicht undemokratisch und wir GRÜNEN lehnen es ab, der Korridor des demokratischen Diskurses wurde an dieser Stelle aus freien Stücken verlassen – die Gesprächsgrundlage einseitig entzogen.

Zentral ist aber, dass diese Grundrechtseingriffe so wesentlich sind, dass sie in durch in direkter Wahl legitimierte Parlamente und eben nicht im Alleingang durch Exekutivorgane verfügt werden sollten. Es ist auch die Aufgabe der Parlamentarier*innen, immer wieder kritisch und grundrechtssensibel zu prüfen, welche Einschränkungen noch notwendig und demokratisch vertretbar sind. Dies ist im letzten Jahr zunächst nur zögerlich erfolgt. Das Infektionsschutzgesetz, beschlossen durch den Bundestag, der an dieser Stelle seine parlamentarische, demokratische Funktion wieder übernommen hat, war zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Gleichzeitig sind Maßnahmen, die Grundrechte einschränken nur die Grundlage für die unmittelbare Bekämpfung und Eindämmung der Pandemie.

Was auf einer zweiten Ebene hinzu kommt – und auch das müssen Parlamente demokratisch gestalten – ist die Bewältigung der Krise die sich aus der Pandemiebekämpfung zwangsläufig ergibt. Denn es ist ja so, von Soloselbstständigen über Mittelständler bis hin zu Konzernen treffen, die Maßnahmen den gesamten Wirtschaftssektor – Kultur, Hotel- und Gastgewerbe und Friseurhandwerk und andere Dienstleistungsbereiche noch mal besonders und besonders langwierig.

Ich kann uns also allen nur raten, mit gutem Beispiel voran zu gehen, wenn es um die Einhaltung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie geht und gleichzeitig als Demokrat*innen unsere Mitentscheidungsspielräume selbstbewusst wahrzunehmen und klug und besonnen zu nutzen.

Es wird kein einfaches „Zurück zu normal“ geben, sondern das wird eine langwierige Aufgabe. Populistisches Geplärr wird uns nicht weiter bringen.