Rede zur Aufhebung der Sperrstunde

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,

die letzte Sperrstunde in Dresden ist in greifbare Nähe gerückt. Mit der Vorlage beschließen wir die Aufhebung eines längst überholten Reliktes und befreien die Dresdner Veranstaltungsstätten und Clubs von der Restriktion ihre Gäste kurz vor 5:00 Uhr nach Hause schicken zu müssen.

Mit der Aufhebung der Sperrstunde erschließen wir den Programmgestaltern und Bookern in den Clubs und Konzertlocations die Möglichkeit auf das sich seit vielen Jahren veränderte Ausgehverhalten vieler ihre Gäste zu reagieren. Die Aufhebung der Sperrstunde schafft Planungssicherheit bei den Programmgestaltern, ohne dass geschaut werden muss erhalten sie eine Ausnahmegenehmigung oder nicht als Veranstalter.

Wenn wir drei oder vier Jahrzehnte zurückschauen ging die angesagteste Disco 20:00 oder 21:00 Uhr los und spätestens um 2:00 oder 3:00 Uhr waren dann auch schon die Stühle hochgestellt. Schauen wir heute in die Clubs dann ist vor 24:00 Uhr die Location im besten Fall halb voll und um 1:00 Uhr dreht die Stimmung langsam hoch. Wenn die Gäste dann um 4:30 Uhr schon wieder gehen müssen ist das für aller Seiten vorsichtig ausgedrückt „suboptimal“.

Bisher haben Veranstalter sich per Antrag von der Sperrstunde „freikaufen“ können und waren dabei auf das Wohlwollen des zuständigen Verwaltungsmitarbeiters angewiesen. Im Jahr 2018 zahlten die Veranstalter dafür 38.164,- Euro an die Verwaltung.

Dresden ist eine Kulturstadt mit einer vielfältigen Club- und Konzertszene, auch wenn das von dem einen oder der anderen bezweifelt wird.

Der Dresdner Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht beschreibt die Musikwirtschaft, die geprägt ist durch die Clubs und Veranstaltungsstätten, eine vielfältige Musiker*innen- und Bandszene, Tonstudios, Indilabels, und weiteren Akteur*innen.

Neben den großen Playern in unserer Stadt wie die Filmnächte, die Junge Garde im Großen Garten, der Alte Schlachthof oder die Scheune in der Neustadt ist Dresden vor allem durch viele kleine Clubs geprägt wie der Beatpol, der Ostpol, das Solidoor, die GrooveStation, das Downtown, das OKA oder noch kleinere wie das Blue Note oder das Alte Wettbüro.

Mit dem DAVE-Festival gründeten vor allem Clubs der Elektro- und Technoszene eine Veranstaltungsreihe, die diese Szene für die eigene Bevölkerung aber vor allem über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar gemacht hat.

Die nach §9 Sächsisches Gaststättengesetz bestehende Sperrstunde stellt insbesondere für die Elektro- und Technoszene eine Restriktion dar. Ihren eigentlichen Zweck, nächtliche Ruhestörung zu verhindern, das rechtzeitige Schlafengehen der Gaststättenbesucher*innen und die Sicherung der Ordnung und Sauberkeit in den Einrichtungen ist schon lange durch andere Verordnungen zum Immissionsschutz und zur Hygiene sowie durch Arbeitszeitregelungen gesichert.

Befürchtungen, mit der Aufhebung der Sperrstunde würde es zu Lärmüberschreitungen und unbeherrschbaren Auswüchsen bei Konzerten und Technoveranstaltungen kommen sind unbegründet. Auch in Zukunft wird es eine enge Abstimmung von Veranstaltern geben mit dem Ordnungsamt und der Gewerbeaufsicht.

Die Erfahrungen aus Leipzig, wo 2017 die Sperrstunde für Musikspielstätten aufgehoben wurde, zeigen, dass eine generelle Aufhebung rechtssicher und ein Widerspruch durch die Landesdirektion unwahrscheinlich ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

eine vielfältige Club- und Musikkultursszene in unserer Stadt wird Dresden insbesondere für junge Menschen attraktiver machen hier zu bleiben oder hierher zu ziehen. Mit ihren Umsätzen leistet die Musikwirtschaft ihren Beitrag als Teilbranche der Kultur- und Kreativwirtschaft für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt.
Lassen wir lieber die Clubs das Geld, welches sie für den „Freikauf“ von der Sperrstunde ausgegeben haben, in ihre Spielstätten oder die Mitarbeiter*innen investieren.
Bitte stimmen sie der Vorlage in der Beschlussfassung des Ausschusses für Wirtschaftsförderung zu, für eine vielfältige Veranstaltungs- und Clubsszene in Dresden.

Danke